Auf dem Gipfel des Xuelian North in China | Schweizer Alpen-Club SAC
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Auf dem Gipfel des Xuelian North in China Expeditionsbericht von Lukas Hinterberger

Auf ihrer Reise entkommen sie nur knapp dem Militärputsch in Istanbul. Nach der Ankunft in Urumqi und einer zweitägigen Busreise marschiert das SAC-Expeditionsteam zwei Tage bis zum Base Camp auf 3'500m ü.M. im Tian-Shan-Gebirge. Im Gebiet um die Xuelian-Feng-Kette realisiert das sechsköpfige Team verschiedene Erstbegehungen und die Besteigung des Xuelian North. Ein Bericht von Teammitglied Lukas Hinterberger.

15. Juli, Flughafen Zürich: Endlich ging es los nach Tien Shan. Nachdem unser Gepäck aufgegeben war, ging unser Flug nach Istanbul, Almaty und weiter nach Urumqi. Wir hatten Glück und entkamen knapp dem Militärputsch in Istanbul. Den Aufenthalt in Urumqi nutzen wir, um noch fehlendes Material aufzutreiben. Uns war es recht, als es weiter nach Hotsprings ging; die Grossstadt war nicht so unser Ding. 

Nach zweitägiger Busfahrt kamen wir in Hotsprings an, wo 25 Pferde mit unserem 600 Kilogramm schweren Gepäck beladen wurden. Die gut 20 Kilometer zum 3500 Meter hoch gelegenen Basecamp brachten wir leichten Fusses hinter uns. Nun hiess es, unser Camp einzurichten. Immer wieder schweiften unsere Blicke zur Xuelian-West-Nordwand, welche die Eiger-Nordwand fast doppelt verschluckt! Unglaublich, diese Dimensionen!

Erkundungstouren rund ums Basecamp

Am ersten Tag im Basecamp erkundeten wir unsere Umgebung. Auch einen idealen Weg ins vorgeschobene Basislager (ABC) von gut 11 Kilometern Länge über den Muzart-Gletscher haben wir mit Steinmännern markiert. Schlussendlich absolvierten wir rund 120 Kilometer auf diesem Gletscher; es war beängstigend zu beobachten, wie die Gletscher auch in dieser Gegend unter dem Klimawandel leiden.

Akklimatisationstour auf Deadman’s Peak

In den nächsten Tagen wurde gutes Wetter von Meteotest prognostiziert und wir wollten uns möglichst schnell akklimatisieren. Dieses Wetterfenster kosteten wir aus und konnten am 26. Juli den 5418 Meter hohen Deadman's Peak als Team erstbesteigen. Unser Arzt Roman Hari begleitete uns bis zum Biwak auf 4850 Meter, wo wir beim Abstieg übernachteten; auf diese Weise schufen wir eine gute Basis für die höheren Berge.

Nach dem Gipfelerfolg blieb das Wetter weiterhin gut – leider. Denn für eine optimale Akklimatisation mussten wir nun einige Tage ausruhen. Es tat richtig weh, bei diesem Wetter im Basecamp zu bleiben.

Warten und Kaffee trinken

Wie in einem schlechten Film drehte das Wetter, als wir erholt waren; der Schnee schaffte es bis ins Basecamp. Also war für uns Jassen, Kaffee trinken sowie von schwierigen und steilen Routen träumen angesagt.

Donnernde Eislawinen

Uns war klar, dass eine weitere Akklimatisationstour nötig war, um fit für die 6000er zu sein. Das Wetter schien auch wieder besser zu werden. Somit errichteten wir unser ABC. Roman, Sebastian und Sebastien richteten 150 Meter Fixseile ein, um in den nächsten Tagen schnell und effizient auf das höher gelegene Plateau zu gelangen. Dort befanden sich einige unbestiegene 6000er. Uns war nun auch klar, warum noch niemand diese Berge ins Visier genommen hatte. Nur schon der Weg auf das Plateau stellte sich als grosse Tour heraus. Immer wieder donnerten Eislawinen den Gletscherkessel hinunter. 

Nicolas und Lukas war dies nicht ganz geheuer; sie verfolgten daher den Plan, eine Tour auf den Xuelian West (6440 Meter) zu versuchen.

Besteigung des Red Ball Peak

Am 4. August bestiegen Nicolas und Lukas zusammen mit Bergführer und Leadguide Denis Burdet den Red Ball Peak (4925 Meter). Wir wissen nicht, ob dies eine Erstbesteigung war. Eigentlich ist es egal, denn das Erlebnis war gross und die Tour eindrücklich. Am selben Tag standen Roman, Sebastian und Sebastien ebenfalls auf einem kleineren Gipfel, um die Akklimatisation zu fördern. 

Warten auf stabiles Wetter

Immer wieder war das Wetter unser Hauptproblem. Wir wagten uns nicht an die grossen Berge ohne eine sichere Hochdrucklage. Diese wurden regelmässig durch kleinere Fronten gestört.

Jedoch traf während unserer Erholung eine SMS ein, welche das vorherrschende Hochdruckgebiet für weitere fünf Tage bestätigte. Keinen Augenblick später waren wir mit Packen beschäftigt. 

Am 8. August machten sich Denis, Roman, Sebastien und Sebastian auf den Weg Richtung Xuelian North. Mit etwas Verzögerung starteten dann auch Nicolas und Lukas mit Thomas Senf und Marcel Schenk als Kamerateam zum Talkessel unter der Xuelian-West-Nordwand.

Westgrate im Visier

Beide Teams nahmen jeweils die Westgrate ins Visier. Denn die Verhältnisse für eine neue, schwierige Route durch eine Nordwand waren schlicht und einfach viel zu schlecht. Die Nullgradgrenze lag meistens zwischen 5000 und 5300 Metern; und obwohl es im Tien Shan keinen Monsun gibt, war dies einer der niederschlagreichsten Sommer seit langem. 

Nun ja, wir wollten das Beste daraus machen. Leider hatte Roman grosses Pech, er musste im Lager 1 umkehren. Wie sich herausstellte, war Romans Bein entzündet.

Denis, Sebastian und Sebastien waren sehr erfolgreich. Sie standen am 9. August um ca. 22 Uhr auf dem Gipfel des Xuelian North (6470 Meter). Respekt vor ihrer Leistung! Es herrschten schlechte Bedingungen und sie mussten teilweise hüfttief spuren. 

Rückkehr ins Basecamp

Das Xuelian-West-Team biwakierte drei Tage auf dem Westgrat auf 5700 Meter. Nicolas ging es sehr schlecht, er hatte zwei Tagen nichts gegessen und getrunken und war daher sehr geschwächt. Wir entschieden als Team, zusammen umzudrehen und am 10. August mit dem Abstieg zu beginnen. Das Xuelian-North-Team stieg ebenfalls am gleichen Tag ab und alle trafen sich am 10. August im Basecamp.

Wetterpech und Abschied

Die Strapazen waren allen anzusehen. Nun hiess es essen, trinken und erholen. Gleichzeitig hatten wir das Wetter im Auge. Leider wendete sich das Blatt komplett und Meteotest warnte vor sehr ergiebigen Schneefällen von bis zu 3 Metern. 

Dies hiess für uns, Abschied zu nehmen. Denis und Lukas bauten noch die Fixseile ab, ansonsten gab es nicht mehr viel zu tun. Im ersten Moment tat es allen weh, aber dies gehört nun mal zu einer Expedition. Wir konnten und durften in einem fremden Land Bergsteigen und die Erfahrung ist ebenfalls sehr wertvoll! 

Rissklettern im China-Granit

Am 16. August, sechs Tage früher als geplant, brachen wir vom Basecamp nach Hotsprings auf. Eine zweitägige Busfahrt nach Keketuohai, einem Rissklettergebiet im nördlichsten Teil dieser Provinz, stand auf dem Plan. Die letzten Tage verbrachten wir mit Rissklettern in diesem genialen Granit in China. Es war für uns ein schöner Abschluss und wir durften, trotz der nicht ganz erreichten Ziele, eine unvergessliche Zeit miteinander erleben. 

Wertvolle Freundschaften

Am 28. August trafen wir am Flughafen Zürich ein und verabschiedeten uns voneinander. Es entstanden wertvolle Freundschaften, die ein Leben lang halten werden. Gemeinsam Bergsteigen werden wir auf alle Fälle wieder.

Wir danken dem Schweizer Alpen Club SAC, der jungen Bergsteiger so etwas ermöglicht.

Besonders bedanken wir uns bei Denis Burdet, der uns in allen Belangen unterstützte, sei es als Team oder als Einzelpersonen.

Ein grosses Dankeschön

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Das SAC-Expeditionsteam im SRF

Das Schweizer Fernsehen begleitete die 5 Jungs während ihrer Ausbildung und der Expedition in China.
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